Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, und sehr geehrte Bürgermeister/in 

meine Damen und Herren Gemeinderäte 

liebe Bürgerinnen und Bürger 

Zunächst auch von uns Dank und Anerkennung an die Kämmerei für die Darstellung und Transparenz des Haushaltes 2021, der seit 8 Jahren Doppik für Klarheit und Wahrheit sorgt, obwohl durch weitere Umstrukturierungen, der Vergleich nicht uneingeschränkt möglich war. 

Dies gilt auch für die internen Leistungsverrechnungen die den Finanzhaushalt nicht belasten, aber eine Analyse der Personalkosten innerhalb der Teilhaushalte im Vergleich zu den Vorjah-ren nicht möglich machen. 

Als ich meine Rede zum Haushalt 2020 vom 20.11.2019 nochmals durchgelesen habe, war ich geschockt darüber wie eine Naturkatastrophe, die wenige Monate danach ausbrach, alles schlagartig verändern kann. Bereits beim ersten Lockdown im Frühjahr und in den unzähligen Tele- und Videokonferenzen zeichnete sich ab wie brutal die Pandemie alle Planungen und Aussagen für 2020 zunichte machte. Dies führte dazu, dass in der Gemeinderatsklausur En-de Juni 2020 zunächst für 2020 eine Haushaltssperre und mit Vorlage 264/20 am 28..7. ein Nachtragshaushalt für 2020 verabschiedet wurde. 

Bei der Haushaltsklausur vom 9. Und 10.Oktober galt deshalb der Grundsatz dogmatische Grenzen zu überwinden, finanzielle Herausforderungen anzunehmen und sie aktiv zu gestal-ten. Dazu gehört ein Zusammenwirken aller, gemeinsame Wege mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu gehen. 

Dass die Stadtverwaltung diesen Weg mitgeht zeigt sich im Haushalt 2021 nach vorangegan-genen harten Einsparrunden in den einzelnen Fachbereichen. 

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Der Tanker muss auch bei rauher See auf Kurs gehalten werden. 2 

Für den Haushalt 2021 gibt es 4 Kardinalfragen zu beantworten: 

1. Inwieweit kann ich die Einnahmen verbessern um den negativen Ergebnishaushalt mit beinahe 30 Mio vermindern? 

2. Durch welche Leistungs- und Aufgabenminderungen kann ich die Personalaufwendun-gen kurz- und mittelfristig trotz Tariferhöhungen deutlich unter die 100 Mio-Marge be-kommen? 

3. Welche notwendigen Investitionen lt. Prioritätenliste können bei einem negativen Zah-lungsüberschuss noch begonnen werden? 

4. Wieviel Kreditaufnahme ist noch möglich um die bereits begonnenen und geplanten Baumaßnahmen bei fehlenden Zahlungsmittelüberschuss aus dem Ergebnishaushalt 2021 und 2022 zu finanzieren, zumal die Rücklagen verbraucht sind? 

Reichen Kredite von ca. 100 Mio bis zum Ende 2024 um die Zahlungsfähigkeit zu si-chern? 

Ich bin mir sicher, dass wir bei der Haushaltsdebatte 2022 und 2023 die gleichen Fragen stel-len müssen, sofern die Wirtschaft nicht auf das Vorjahresniveau 2019 kommt und wir die jetzi-ge Planung der Jahre 2022 – 2024 angehen wollen. Wir können heute noch nicht beurteilen wie sich die Steuereinnahmen 2021 – 2024 entwickeln. Die Finanzierungshilfe des Bundes und des Landes für 2020 mit ca. 23 Mio. sind wohl einmalig, also müssen wir uns selbst hel-fen. 

Mit uns meine ich die Stadtgesellschaft, die Stadtverwaltung und die Wirtschaft. 

Dabei sind Einschnitte bei Leistungen und Standards unumgänglich. 

Eine strategische Neuausrichtung ist mittelfristig dringend notwendig. 

Der Strategieprozess dazu muss ab Januar 2021 beginnen. 3 

Was sind die einzelnen Eckpunkte für den Haushalt 2021 

1. Steuereinnahmen und Kita-Gebühren müssen im Paket mit insgesamt 3,8 Mio verab-schiedet werden um allein die Kostensteigerung 2021 der Kita- und Schulbetreuung zu finanzieren. Die Belastung wird angemessen auf Unternehmen, Hausbesitzer und Fa-milien verteilt. Dies ist bedauerlich und schmerzhaft aber unumgänglich. Bezüglich de-taillierter Begründung verweise ich auf die Aussagen in den noch anstehenden Debat-ten Anfang Dez. 2020. Wir werden deshalb mit 6 Stimmen nur bei einem Solidarpakt zustimmen. 

2. Bei einem Defizit im Ergebnishaushalt mit 28,7 Mio bedingt durch den drastischen Rückgang bei den Steuereinnahmen und einer deutlichen Verringerung der geplanten Investitionen, sowie Reduzierung von Leistungen innerhalb der Verwaltung stellt sich automatisch die Frage nach Personalkonsolidierung bei einem geplanten Personalkos-tenblock 2021 von knapp 99 Mio. 

Trotz erkennbarer Einsparungen müssen hier für die kommenden Jahre folgende Überlegungen gelten: 

  1. a) Abbau von Personalstellen durch Fluktuation. 

Begründung: Durch eine hohe Zahl von Mitarbeiter in gut dotierten Stellen im Alter zwischen 55 bis 65 Lebensjahr, die in den kommenden Jahren ausscheiden, ergibt sich, wie bei anderen großen Unternehmen mit ca. 2000 Mitarbeitern auch, die Möglichkeit junge Nachwuchskräfte mit hohem Leistungspotenzial und deutlich ge-ringerem Gehalt einzustellen. 

  1. b) Digitalisierung 

Begründung: Wie bereits in unserem Antrag 156/20 dargestellt gibt es unzählige Beispiele praktiziert von anderen Städten wo durch qualifiziertes IT-Personal und durch intensive Schulungen der Mitarbeiter die Effizienz in der täglichen Arbeit der Verwaltung deutlich verbessert wird. 

Es reicht nicht aus den Mitarbeitern nur Laptops und Drucker hinzustellen. Die Digi-talisierung muss auch in den Köpfen der Mitarbeiter stattfinden. 

Auf die Vernetzung mit der SWLB und die Umsetzung der kommunalen Steue-rungs- und Information Software (KSiS) weisen wir hin., 4 

  1. c) Entschlackung von bürokratischen Prozessen und 
  2. Vermeidung von Doppelarbeit und Optimierung von Arbeitsabläufen 

Begründung: Bei vielen Sitzungen, Einzelgesprächen und Veranstaltungen fällt auf dass die Anwesenheit vieler Mitarbeiter zum gleichen Thema nicht notwendig ist und durch viele Prüfaufträge und unnötiger nicht durchgeführten Planungen wichti-ge Personalressourcen gebunden werden. Als externer Berater für Arbeits- und Organisationsentwicklung ist z. B. das Fraunhofer Institut bei Unternehmen bun-desweit unterwegs u. a. auch bei verschiedenen Stadtwerken in Süddeutschland. 

  1. d) Arbeitsplätze und Investition in Büroflächen: 

Ist es notwendig bei Aufgabenreduzierungen, Homeoffice, Digitalisierung und Stel-leneinsparungen noch in neue Büroflächen zu investieren? Die Zeit des eigenen Schreibtisches ist vorbei. Büros sind mehr als Arbeitsfläche, sie sind Orte der Kommunikation und Innovation. 

Die Zukunft der Arbeitswelt ist hybrid, nicht digital, verbunden mit flexiblen Arbeits-zeiten und einer Kombination des Homeoffice und Office home. 

Der Mensch ist ein soziales Wesen, er braucht auch den Austausch mit den Kolle-gen und nicht nur mit den Vorgesetzten. 

  1. e) Externe Beratung für Analyse von Arbeitsabläufen und Wertschöpfung: 

Aufgrund der strategischen Überlegungen zu den zukünftigen Aufgaben und deren Umfang bei deutlich entzerrten Investitionsplanungen der kommenden Jahren wäre eine externe Beratung sinnvoll. Dabei könnte sich die Frage stellen wie z. B. bei Stadtplanung und Hochbau durch Fluktuation mittelfristig die relativ hohen Perso-nalkosten verringert werden können. 

Bei all den Überlegungen rede ich kurzfristig nicht von Stellenabbau sondern da-von, wie man mittelfristig nicht noch mehr Stellen schaffen muss um dennoch bei mehr Effizienz die Leistungsfähigkeit beizubehalten. 

Im Ergebnis muss ein deutlicher Bürokratieabbau, wie seit Jahren gefordert, das Ziel sein. 5 

3. Investitionen Hochbau und Tiefbau 

Bei 22 Mio im Hochbau und 13,6 Mio im Tiefbau 2021 sowie weiteren Investitionen bis 2024 mit ca. 180 Mio ist allen klar, dass die bisherige Prioritätenliste mit all den Pla-nungen auf der Basis 2019 Makulatur ist. Da die Ergebnishaushalte 2021 und 2022 und voraussichtlich auch 2023 keine Zahlungsmittelüberschüsse erwirtschaften und die Rücklagen verbraucht sind, ist es unvermeidlich weitere Kredite aufzunehmen. Bei weiteren Kreditaufnahmen im Jahr 2020 mit 22,2 Mio kommen 2021 weitere 22,5 Mio hinzu. Bis 2024 stehen dann im Kernhaushalt insgesamt 100 Mio zu Buche, die Jahr für Jahr abbezahlt werden müssen, sofern es der Ergebnishaushalt zulässt. 

Dies bedeutet erhebliche Einschränkungen bei der bisherigen Wunschliste für Investi-tionen, zumal das BZW mit über 140 Mio die Liquidität der Stadtkasse in den kommen-den Jahren jährlich mit 10-15 Mio belastet. 

Erfreulich ist, dass Maßnahmen wie ZOB, die Fuchshofschule ebenso auf der Liste stehen wie die Oststadtsporthalle, die Friedrich von Keller Schule oder die Westrand-straße, um nur einige zu nennen. Der vorgesehene Etat für Straßensanierungen ist uns zu wenig, zumal rechtzeitige Sanierungen hohe Kosten in der Zukunft verhindern. 

Wohnen und Wirtschaftsförderung 

Obwohl Wohnungen dringend benötigt werden, sehen wir keine Möglichkeit pro Jahr 500 neue Wohnungen zu errichten. Dies zeigt sich in der bisherigen Umsetzung in den letzten Jahren. Die Zahl 250 ist daher aufgrund der Kapazitäten für uns eher realistisch und aufgrund der Aktivitäten der WBL in den kommenden 2-3 Jahren u. a. in der Jä-gerhofkaserne, Grünbühl, Marbacher Straße und Fuchshof plausibel. Aufgrund der gu-ten Erträge und der hohen Rücklagen ist es deshalb mehr als angebracht in den Jah-ren 2021 und 2022 jeweils eine Mio Dividende an die Muttergesellschaft Stadt auszu-schütten um den negativen Ergebnishaushalt abzubauen. 

Bei der Wirtschaftsförderung sehen wir noch deutlich Luft nach oben, wohlwissend dass in der Weststadt das letzte Tafelsilber der Stadt veräußert wird. Wir sollten uns deshalb bei den Restflächen sehr genau überlegen, welche ertragsstarken Unterneh-men dort angesiedelt werden. Auf die bekannte „Matrix“ bezüglich Arbeitsplätze, 6 

Gewerbesteuer, Emissionsbelastungen, städteplanerische Gewichtung etc. verweise ich hierbei. Für Kleingewerbe gibt es noch Möglichkeiten in Ossweil, Neckarweihingen und Poppenweiler. Für den Einzelhandel und die Gastronomie ist uns die zentrale In-nenstadtentwicklung wichtig. 

Zum Thema Arsenalplatzgestaltung wird dazu im Dezember die finale Entscheidung zur Planungsvergabe fallen. Klar ist, dass in einer Kompromisslösung zur TG-Ausfahrt KSK nach Westen auch noch unser Antrag zu Parkplätzen auf dem Arsenalplatz im Raum steht. 

Wichtig für uns ist zudem der ZOB, der vorrangig vor der Gestaltung des Arsenalplat-zes und Schillerplatzes steht und gleichzeitig eine zweite Bahnhofsunterführung zur Westseite der Eisenbahnlinie, um dann mit der Bebauung und Sanierung des Franka-reals erfolgreich Wohnungen und Arbeitsplätze zu schaffen. 

Hinzu kommt dann noch der geplante Stadttower auf dem Keplerareal, der die Woh-nungssituation in Ludwigsburg weiter verbessern wird. 

Diese und viele andere Investitionen sind notwendig um die regionale Wirtschaft durch Aufträge mit einem antizyklischen Verhalten wieder in Schwung zu bringen. 

Aus Zeitgründen gehe ich stichwortmäßig noch auf andere wichtige Bereiche ein, die in der Haushaltsdebatte Anfang Dezember und für strategische Überlegungen eine Rolle spielen. 

– Investitionen in die Bildung stehen ganz oben auf der Liste, da sie die tragende Säule für eine erfolgreiche und humane Gesellschaft sind. Dass Ludwigsburg im-mer mehr zu einer Studentenstadt wird ist nur zu begrüßen. 

– Klimaschutz und Energie wird bei der SWLB als Vorzeigeunternehmen längst um-gesetzt, deshalb dürfen versorgungsfremde Sparten wie Bäder und Parkhäuser nicht zu immensen Belastungen werden. 

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– Stadtteile und deren Eigenleben sind uns sehr wichtig mit all den kulturellen und sportlichen Aktivitäten die zu einer gewissen Verbundenheit der Bürger in den Stadtteilen führen. 

– Kultur, Soziales, Sport, Integration, auch hier gilt dasselbe wie bei den Stadtteilen, die Tätigkeit der Vereine, der sozialen Einrichtungen der kulturellen Einrichtungen wie der Karlskaserne, Scala, MiK, Jugendmusikschule um nur einige zu nennen sind der soziale Kitt unserer Gesellschaft und tragen alle erheblich zur Integration in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft bei. 

– Mobilität 

Hier muss unser Ziel sein, weg von ideologischen Einstellungen und Grundsätzen an alle Verkehrsteilnehmer zu denken, an die Fußgänger, die Radfahrer, die ÖPNV-Nutzer und die Autofahrer. 

Ein Verkehrskonzept für die Innenstadt wird von uns schon lange gefordert. 

Bezüglich der Trassen für Busse und Niederflurbahn ist wohl der entscheidende Durchbruch mit der Gründung eines Zweckverbandes gelungen, mit dem klaren Ziel, zunächst und zwar bald, die Eisenbahnlinie Markgröningen-Ludwigsburg zu reaktivieren. Auch die Weiterentwicklung der Bus-Rad-Trasse durch die Innenstadt sollte sobald als möglich umgesetzt werden. 

Skeptisch sind wir bei den hohen Planungskosten für den Radschnellweg Lud-wigsburg-Remseck-Waiblingen mit 2 Mio der, wenn überhaupt, erst Jahre später kommt mit voraussichtlich neuen Überlegungen und Planungen. 

Verbesserung der Rad- und Fußwege begrüßen wir, wobei für uns die Westroute aus Sicherheitsgründen oberste Priorität hat. 

Aus finanziellen Gründen wäre dabei der Radweg über die Schillerstraße, Schiller-durchlass die beste Variante, weiter über die Schlachthofstraße und Werner Straße 

mit einer Querung der Osterholzallee verbunden mit einer Tempo 20-Zohne ohne Ampelschaltung um dann das Ziel BZW zu erreichen. 

Hier stellt sich die Frage inwieweit im Haushalt für Radwege jährlich 500 T notwen-dig sind. Die Ostroute erscheint uns mit einer durchgehenden Fahrradstraße des-halb problematisch, weil hier die B27 und der damit zusammenhängende 8 

Autoverkehr aus dem Bereich Bärenwiese mit einem zukünftigen Parkhaus erheb-lich eingeschränkt wäre. 

Als Fazit bleibt zum Nothaushalt 2021 festzustellen, dass wir es mit schweren Her-ausforderungen mit harten Einschnitten zu tun haben, die uns auch noch im Jahr 2022 begleiten werden. 

So zynisch es klingen mag kann die Pandemie auch positive Auswirkungen haben, zumal sie uns zwingt in vielen Dingen neu zu denken, neu zu gestalten und strate-gisch neue Wege zu gehen. 

Klar ist, dass wir die weitere Entwicklung der Steuereinnahmen nicht alleine in der Hand haben. Deshalb muss unser Augenmerk bei der Entwicklung der Personal-aufwendungen und der Prioritäten bei den Investitionen der kommenden 4 Jahren liegen. Kreditaufnahmen sind keine Lösung auf Dauer, da sie von den kommenden Generationen zurück bezahlt werden müssen. 

Gut ist, dass unsere Forderungen der letzten Jahre, Entzerrung von Investitionen, Senkung der Standards, Leistungs- und Personalkonsolidierung, Digitalisierung und Prozessoptimierungen sowie verbessertes Controlling nun, aus der Not her-aus, umgesetzt werden. 2021 ist bereits der Beginn eines Strategieprozess für ma-gere Jahre, den wir alle gemeinsam mit der Stadtverwaltung, der Bürgerschaft, der Wirtschaft und natürlich mit dem Gemeinderat gehen müssen. 

Deshalb mein Apell an die Kolleginnen und Kollegen zeigt den Menschen der Stadt Ludwigsburg, dass wir in dieser Krise Verantwortung zeigen und solidarisch mit der Verwaltung neue Wege gehen. 

Bleiben Sie gesund in diesen Zeiten. 

Reinhardt Weiss 

Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Ludwigsburg