Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
und sehr geehrte Bürgermeister/in, Frau Schmetz, Frau Schwarz
und Herrn Mannl,
meine Damen und Herren Gemeinderäte
liebe Bürgerinnen und Bürger
Zunächst auch von uns Dank und Anerkennung an die Kämmerei für die Darstellung und Transparenz des Haushaltes 2023, aber Dank auch an die Verwaltung insgesamt, deren Bemühungen für einen generationsgerechten Haushalt 2023 ff erkennbar sind.
Für uns alle sind die letzten 3 Jahre nicht einfach gewesen. Durch Corona ab 2020 mit allen Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft bis zum jetzigen Ukraine-Krieg gab es keine schlimmere Zeit nach Ende des 2.Weltkrieges.
Die Folgen sind neben Inflation und Rezession eine Wirtschaftskrise, verursacht durch höhere Energiekosten sowie höhere Material- und Baukosten. Hinzu kommt der Personalmangel bei den Fachkräften, sowie die verstärkte Zuwanderung hauptsächlich durch die Ukraineflüchtlinge.
Wider allen Umständen und Gewalten hat die Ludwigsburger Stadtgesellschaft an der Spitze die Stadtverwaltung und der Gemeinderat zusammen mit den Bürgern der Stadt diese Krise bis heute relativ gut bewältigt.
Im Rückblick auf 2020-2022 ist festzustellen, dass im Jahr 2020 von einem Nothaushalt gesprochen wurde und 2021 von einem Sparhaushalt mit der Devise sparen und neue Ziele ansteuern.
Für das Jahr 2022 wurde dann durch neue Strategieprozesse, unter dem Motto Sparkurs trotz höherer Steuereinnahmen, mit der Vorlage 219/21 in einem 8-Punkteplan die Eckdaten für den Haushalt 2022 vorgelegt, der sich nun 2023 auf 5 Kernaussagen konzentriert, die der Gemeindetrat in den Klausuren vom 16.7. und 8.10.22 einstimmig mitgetragen hat.
Hinzu kommt als 12.Handlungsfeld das Thema leistungsfähige und lernende Verwaltung mit der Aussage, dass 5 Schwerpunkte neben dem sozialen Zusammenhalt, der Klimaschutz, Mobilität, Bildung und bezahlbares Wohnen für die Stadtverwaltung wichtig sind.
Eine weitere Aussage war die Konsolidierung von 5 Mio unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verantwortung und Daseinsvorsorge, ein Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Und wie sieht, Stand heute, für 2023 und danach der Plan aus?
Wir alle haben nicht die Glaskugel um die Entwicklung der kommenden 2-3Jahre vorauszusagen.
Tatsache ist aber, dass wir uns alle deutlich einschränken müssen. Wiederholt haben wir in den Haushaltsreden 2020, 2021 und 2022 verbunden mit Anträgen zur Verschlankung, Digitalisierung und Senkung von Standards für kommende Investitionen darauf hingewiesen, dass wir eine solide Finanzstrategie für die kommenden Jahre benötigen, verbunden mit einem Risikomanagement und einem Controller der beim Fachbereich der Kämmerei angesiedelt ist, mit Unterstützung externer Beratung zu den Schwerpunkten Verschlankung der Verwaltung und Hochbau.
Bereits in der Haushaltsrede 2022 haben wir in unseren 6 Kardinalfragen die Verwaltung aufgefordert die entsprechenden Antworten zu geben.
Jetzt im Krisenmodus werden die Antworten nicht einfacher.
Bei den jährlichen Investitionen verbleiben bei ca. 35-38 Mio Gesamtvolumen nach Abzug des BZW ca. 20 Mio.
Zurecht müssen deshalb Großprojekte auf Herz und Nieren sowohl strukturell als auch finanziell geprüft werden und die Verwaltung verschlankt werden.
Laut dem Finanzplan bis 2026 ergeben sich im Ergebnishaushalt per Saldo Verluste i. H. v. ca. 5 Mio. Ausgehend von den bisher geplanten Hochbauinvestitionen bis 2026 ergibt sich ein Finanzierungsmittelbedarf von 114 Mio, der durch weitere Schuldenaufnahmen von 79 Mio im Kernhaushalt finanziert werden muss.
Das die 5 Mio Konsolidierung ein Traum bleibt zeigen die Vorlagen 296/22 und 229/22 vom September 22 in dem die Dezernate III und IV klar zum Ausdruck bringen das die Konsolidierungsmaßnahmen 2020-2022 ausgeschöpft und langfristig größere Konsolidierungen nicht mehr möglich sind.
Einigkeit besteht, dass bei den Investitionen im Bereich Bildung und Betreuung Einsparungen nicht möglich sind, nicht nur wegen den Vorschriften Brandschutz und der Notwendigkeit von Kitaplätzen sondern deshalb, weil es sich dabei um rentable Investitionen in der Zukunft handelt
Im Handlungsfeld bezahlbares Wohnen ist die Schaffung von Wohnraum notwendig, wobei die Zahl der Wohnungen abhängig ist von den notwendigen Grundstücken und der weiteren Entwicklung der Baukosten. Wichtig für die WBL wird sein, auch in die Bestandssanierung zu gehen und mit neuen Beteiligungsmodellen wie Genossenschaft oder Baugruppen zusätzlich Privatinvestoren zu gewinnen.
Die geplante Wohnraumentwicklung lt. Vorlage 020/20 gilt es weiter umzusetzen auch mit Einbeziehung von Bauträgern und Privatpersonen.
Noch nicht berücksichtigt bei diesen Investitionen sind die beiden Sporthallen Ossweil und Poppenweiler mit ca. 20 Mio, die Planungskosten der Stadt für die Stadtbahn von ca. 10 Mio, sowie energetische Maßnahmen für Projekte auf der roten Liste wie z. B. Grundschule Hoheneck, Turnhalle Schlösslesfeld und Kugelberghalle u. a. deren Höhe und Umfang noch gar nicht bekannt sind, aber zeitnah notwendig sind. Auch die Sanierungskosten Forum bei Planungskosten von 3,5 Mio sind der Höhe nach noch nicht bekannt.
Das Beispiel der Opernsanierung in Stuttgart zeigt, dass selbst die Bürger eine Überprüfung
der Kosten von über 1 Mrd einfordern. Dies könnte auch für das BZW gelten, das ursprünglich mit 60-80 Mio kalkuliert wurde und heute bereits die 200 Mio-Grenze erreicht hat und jährlich mit mindestens 15-20 Mio den Finanzierungshaushalt belastet.
Um die Eigenfinanzierungsquote für die notwendigen Investitionen zu verbessern müsste der Ertragshaushalt deutlich verbessert werden.
Doch womit?
Ein „Weiter so“ kann es nicht geben.
Mit Steuererhöhungen und Gebührenerhöhungen schaffen wir das nicht, da Inflation und steigende Kosten insbesondere beim Personal die Zugewinne wegfressen
„wie der Drachen das Papier im Blüba“
Hinzu kommen die Folgekosten der zukünftigen Investitionen.
Apropos Personalkosten, ich befürchte, dass die kalkulierten Personalkosten bei 3% Tariferhöhung nicht ausreichen werden und jedes weitere Prozent ca. 1 Mio Mehrkosten verursachen. Zudem dürfen Gebührenerhöhungen den Bürgern nicht noch mehr belasten.
Dass Klimaschutz zur Daseinsvorsorge einer Kommune gehört, hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1984 festgestellt. Dabei sollten bei der Frage Klimaneutralität die Ziele realistisch und konkret aber auch flexibel sein.
Durch eine überzogene Klimapolitik wird die solide Haushaltspolitik geopfert, ein Großteil der Millionentransfers durch den Bund verpuffen wirkungslos, da etliche Maßnahmen keine Zielvorgabe haben oder extrem teuer sind, aber so gut wie nichts bewirken so der Bericht des Energie- und Klimafonds vom Mai 2022.
Die Stadtverwaltung hat auf Anfrage der Grünen ausführlich Stellung genommen zu Maßnahmen im Jahr 2023 mit einem Betrag von 8,5 Mio. Dies ist nach unserer Auffassung mehr als genug und weitere Maßnahmen auf Pump nicht zu verantworten. Interessant ist ein Artikel in der LKZ v. 9.11.22 bei einer Befragung weltweit
„Zum Klimawandel als größtes Problem?“
In Ländern wie USA, Brasilien, China und Russland haben lediglich zwischen 12% bis 30% der Befragten ein großes Problem gesehen. Das ist ernüchternd, auch deshalb, weil die letztjährigen Klimakonferenzen und auch in Scharm El-Scheich 0,0 erreicht haben, was als Desaster bezeichnet werden muss.
Im Gegensatz zu den Anträgen der Grünenfraktion werden wir einen konstruktiven Antrag stellen, dahingehend dass die ca. 50 Dächer der Stadtgebäude mit PV-Anlagen belegt werden. Die kann über direkte Stromerzeugung mit rentablen Darlehen oder durch Verpachtung der Dachflächen zu weiteren Einnahmen führen.
Bei dem Handlungsfeld Mobilität fordern wir seit Jahren ein Verkehrskonzept für die Innenstadt in der neben B27 auch der Quellverkehr einer Lösung bedarf.
Deshalb haben wir in unseren Anträgen zum Arsenalplatz und Stadtbahn darauf hingewiesen, dass eine Innenstadtfußgängerzone über den Arsenalplatz bis zum Schloss erst dann Sinn macht, wenn die Ost-Westtangente Schillerstraße / Mathildenstraße mit Erreichen der Tiefgarage KSK und Rathaus- und Akademiehoftiefgarage real sind.
Real wäre dies, neben dem Sternkreisverkehr dann der Fall, wenn die unnötigen Finanzmittel für eine Innenstadtbahn für die Untertunnelung der B27 dafür eingesetzt werden könnten.
Ob dies i. V. m. mit einer Landesgartenschau möglich wäre bleibt zu prüfen, zumal diese Vision auch zu deutlich weniger Feinstaub führt und die Stadt mit dem Schloss eine Einheit bilden würde.
Ein weiterer Vorteil wäre, dass der Busverkehr durch die LVL in die Stadt und die Stadtteile gesichert wäre und nicht als versorgungsfremde Sparte ÖPNV in Zukunft die Stadtwerke belasten würde.
Bleibt am Ende noch das 5. wichtige Handlungsfeld, der soziale Zusammenhalt, das ähnlich wie die Finanzen über den 10 restlichen Handlungsfelder steht.
Zurecht hat Oberbürgermeister Knecht darauf hingewiesen, dass es gilt diejenigen zu achten, die die Gesellschaft tragen und lebenswert machen:
das sind Kultur, Sport, Wirtschaft, soziale Institutionen und Bildungseinrichtungen.
Wenn wir eine Kommune haben, die nur noch Pflichtaufgaben erfüllt, dann haben wir keine selbstverwaltete Stadt mehr. Die kommunale Selbstverwaltung drückt sich in den freiwilligen Leistungen aus.
Deshalb werden wir auch in Zukunft einer Kürzung der Zuschüsse nicht mehr zustimmen, weil wir das Ehrenamt stärken und anerkennen müssen. Bei der Höhe des Zuschusses an die Ludwigsburger Schlossfestspiele haben wir Redebedarf, da uns der Zuschuss i. H. v. 800T pro Jahr deutlich zu hoch ist.
Lobenswert ist die Tatsache, dass das Kindertheater durch ein Sponsoring der Firma Goetze KG gesichert wurde, dies ist nicht selbstverständlich und kann bei zukünftigen Kürzungen nicht erwartet werden.
Zum sozialen Verhalten gehört neben gegenseitiger Wertschätzung der soziale Frieden.
Dazu benötigt es einer starken Wirtschaft zur Sicherung der Arbeitsplätze und eine flexible und kreative Wirtschaftsförderung durch die Stadt die als zukünftiger Fachbereich eng im Dezernat I verankert sein muss.
Wertschätzung gegenüber dem Bürger bedeutet aber auch eine bürgerfreundliche Verwaltung, die nicht ohne Vorwarnung Drohnen über Privatgrundstücke fliegen lassen sollte, oder über die Presse darauf hinweist, dass jedermann Parksünderprobleme anzeigen kann, oder ohne Diskussion in den Ausschüssen die Parkraumbewirtschaftung in der Oststadt in der LKZ veröffentlicht wird oder Autoparkplätze weichen sollen zugunsten von 19 Stellplätzen für Lastenräder.
Wir erwarten hier in Zukunft mehr Sensibilität und demokratisches Verhalten zur Förderung des sozialen Zusammenhaltes und der Bürgerzufriedenheit.
Abschließend möchte ich mich bei den 4 Dezernenten an der Spitze Oberbürgermeister Knecht bedanken, die es als Newcomer in der Coronazeit und in der jetzigen Wirtschaftskrise verbunden mit den Ukraineflüchtlingen und der Energiekrise wahrlich nicht einfach hatten und noch immer haben.
Dafür unseren Respekt und Anerkennung.
Da wir nicht wissen wie lange der Krieg in der Ukraine noch geht und der wirtschaftliche Druck durch Inflation, Flüchtlingszuwanderung sowie höhere Energiekosten noch steigt, müssen wir gemeinsam, die Gesellschaft, die Stadtverwaltung und der Gemeinderat im Krisenmodus an einem Strang ziehen, wohlwissend, dass es in den kommenden Jahren nicht einfacher wird.
Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit
Reinhardt Weiss
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Ludwigsburg